Teil 6 unserer Blogreihe zu digitaler Barrierefreiheit: Sprache kann eine Barriere sein. Egal, ob miteinander gesprochen wird, Gebärdensprache genutzt wird oder eine Bildsprache. Sprache kann Menschen immer mitnehmen oder ausgrenzen.
Im BGG (Behindertengleichstellungsgesetz) ist deswegen seit 2018 einfache und Leichte Sprache bei Trägern öffentlicher Gewalt, also Ämtern, Behörden, Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen vorgeschrieben.
Das setzt allgemein Kommunikation in leicht verständlicher und einfacher Sprache voraus, sowie dass Bescheide, öffentlich-rechtliche Verträge usw. ebenfalls in leicht verständlicher und einfacher Sprache vorhanden sein müssen.
Leichte Sprache und einfache Sprache
Leichte Sprache ist eine besonders vereinfachte Form der deutschen Sprache, die speziell für Menschen mit kognitiven Einschränkungen, Lernschwierigkeiten oder geringen Deutschkenntnissen entwickelt wurde. Sie verwendet kurze Sätze, einfache Wörter und eine klare Struktur, um Informationen für alle verständlich zu machen. Leichte Sprache folgt festen Regeln, welche die Verständlichkeit gewährleisten.
- Zielgruppe: Menschen mit Lernschwierigkeiten
- Eigenes festes Regelwerk (von BMAS in Zusammenarbeit mit beeinträchtigten Menschen erarbeitet, Ratgeber Leichte Sprache)
- Viele Erklärungen und Beispiele
- Muss von Menschen mit Lernschwierigkeiten geprüft werden
Einfache Sprache ist eine vereinfachte, aber nicht ganz so stark regulierte Variante der deutschen Standardsprache, die darauf abzielt, komplexe Inhalte für eine breitere Zielgruppe zugänglich zu machen. Sie verwendet einfachere Satzstrukturen und einen reduzierten Wortschatz, ist aber flexibler als Leichte Sprache und eignet sich für Menschen, die Schwierigkeiten mit anspruchsvollen Texten, aber keine spezifischen Barrieren haben.
- Breite Zielgruppe
- Keine Regeln, eher Richtlinien
- Nah an der Alltags-Sprache
- Muss nicht geprüft werden
BITV 2.0 § 4 – Artikel 1 bis 4
Die BITV 2.0 (Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung) setzt folgende Punkte für Webauftritte in Bezug auf Leichte Sprache voraus:
- Informationen zu wesentlichen Inhalten der Internetseite
- Hinweise zur Navigation
- Eine Erläuterung der wesentlichen Inhalte der Erklärung zur Barrierefreiheit
- Hinweise auf gegebenenfalls weitere Informationen in Leichter Sprache, die auch auf der Seite verfügbar ist
Zielgruppen von Leichter Sprache
- Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen
- Menschen mit einer psychischen Behinderung
- Gehörlose Menschen
- Ausländische Menschen oder Geflüchtete
- Ältere Menschen
- Menschen mit geringen Lesekompetenzen
Leichte Sprache in der Praxis
Das Sprachkonzept ist im Regelwerk des BMAS zusammengefasst: Ratgeber Leichte Sprache
Gestaltungskonzept
Ein geläufiges Symbol als Hinweis für Inhalte in Leichter Sprache ist das "Easy-to-read" Logo von Inclusion Europe. Schwere Wörter werden häufig blau und fett dargestellt und durch Mausklick oder Maushover in einem Tooltip erklärt.
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Allgemeine Regeln:
- Viele, klare Absätze
- Aussagekräftige Überschriften
- Bilder oder Piktogramme nutzen, um den Text zu ergänzen und verständlicher zu machen (es gibt auch Bilder speziell für Leichte Sprache)
- Kurze Sätze
- Pro Satz (wenn möglich) nur eine Aussage
- Aktive Formulierungen nutzen, um Sätze direkter und besser verständlich zu machen
- Jeden Satz in eine neue Zeile schreiben. Bei längeren Sätzen (Zeilenumbruch) auf Sinnerhalt des Satzes achten.
- Einfache Wörter nutzen – wenn möglich keine Fremdwörter z. B. anstatt „transportieren“ „befördern“, „Konflikt“ „Streit“, „reduzieren“ „verringern“ usw.
- Schwere Wörter durch andere Schriftfarbe kennzeichnen
- Schwere Wörter müssen erklärt werden. Beispiele aus dem Alltag in die Erklärungen einbinden.
- Zusammengesetzte lange Wörter in durch Bindestrich oder besser Mediopunkt verbundene Einzelwörter teilen z. B.: Schwer-Behinderung, Bundes·Regierung, Beratungs·Angebote …
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Zu Bedenken:
- Lernen anders zu denken – Umdenken (Stichwort Design für Alle)
- Prioritäten anders setzen – Corporate Design
- Manche Menschen können die schweren Sprachniveaus nicht lernen
- Ältere Menschen brauchen Informationen anders aufbereitet als jüngere Menschen
- Menschen mit kognitiven Einschränkungen sind die Experten*innen für die Umsetzung der Leichten Sprache
Beispiele für Begriffserklärungen in Leichter Sprache
Definitionen von schweren Wörtern sollten so formuliert werden, dass diese leicht verständlich sind, die wichtigsten Informationen enthalten und Beispiele aus dem Alltag enthalten.
Bundes·Regierung
Die Bundes·Regierung ist eine Gruppe von Politikern.
Diese Gruppe regiert Deutschland.
Die Bundes·Regierung entscheidet:
Was in Deutschland gemacht werden soll.
Arzt·Praxis
Ärzte arbeiten an diesem Ort.
Kranke Menschen können dort hingehen.
Die Ärzte helfen den kranken Menschen.
Allein·Erziehend
Die Eltern haben sich getrennt.
Jetzt wohnt das Kind bei der Mutter.
Die Mutter kümmert sich alleine um das Kind.
Dann ist die Mutter: Allein·Erziehend.
Sonstiges
Tendenziell wird bei Leichter Sprache nicht gegendert – eher beide Formen benutzen.
Leichte Sprache soll ein Hilfsmittel sein, daher werden solche Hürden weggelassen.
Wenn in normalem Text gesiezt wird, dann auch in entsprechender Leichter Sprache.
Wollen Sie eine neue, barrierefreie Website oder Ihre vorhandene barrierefrei umgestalten lassen?
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